Die hochgenaue Mischung von zwei oder mehreren Flüssigkeiten bzw. die Zuführung definierter Reagenzien über die Zeit oder die Zuführung definierter Volumina erfordert im Bereich der Biotechnologie, Medizintechnik oder Mikrofluidik präzise Verfahren zur Durchflussmessung bei kleinen Volumina. Sensorverfahren für diese Anwendungsfelder sollten zudem ohne direkten Kontakt zu den Fluiden arbeiten, um einen Verlust der Sterilität durch Querkontamination kategorisch ausschließen zu können. Ein konkretes Anwendungsfeld eines nicht-invasiven Sensors zur Messung von Kleinstdurchflussmengen stellen Zellkultur-Assays dar. Diese sind ein wesentliches Element der Grundlagenforschung und auch der präklinischen Forschung, um z. B. den Einfluss verschiedener Wirkstoffe auf das Zellwachstum zu untersuchen. Viele Zellkulturexperimente werden in kleinen, ggf. sogar mikrofluidischen Systemen durchgeführt. Dies geschieht unter anderem um Zellkultivierung unter Flussbedingungen zu ermöglichen oder eine Scherspannung wie im menschlichen Blutkreislauf nachzubilden. Um diese Flussbedingungen nicht-invasiv und kontaminationsfrei zu kontrollieren, bedarf es neuartiger Sensorsysteme zur Durchflussmessung in dem für die Anwendung relevanten Durchflussraten im Bereich von 50 µL/min bis hin zu 50 mL/min. Der maximale Fehler darf dabei 10 % nicht überschreiten. Darüber hinaus soll ein solches Durchflussmesssystem einfach nachrüstbar und somit in bereits bestehende Schlauch- und oder Rohrsysteme mit unterschiedlichen Materialien und Durchmessern (0,5 – 1,6 mm) integrierbar sein. In aktuellen Anwendungen wird der Durchfluss entweder indirekt an vorgelagerten Stellen über Druck oder mit fluidgekoppelten Sensoren, z. B. thermischen Sensoren, innerhalb des Mediums gemessen. Für den Fall einer hochgenauen Dosierung ohne Fluidkopplung sind vorgelagerte Druckregelungen, wie sie bisher bei nicht-invasiven Systemen realisiert sind, nicht mehr geeignet, da sie auf konstante Durchflüsse ausgelegt sind, aber nicht gleichzeitig feine Dosieraufgaben übernehmen können. Die Option zur zweifachen Nutzung von hochsensibler Flussregelung über Druckvorgabe in Kombination mit einer Dosierungsmöglichkeit über extern angebrachte, hochgenaue Sensorik erweitert den Anwendungsbereich entscheidend.
Die hier durchgeführte Entwicklung eines nicht-invasiven Durchflussmessverfahren auf Ultraschallbasis ermöglicht die Messung sehr geringer Durchflussraten bzw. eine Volumendosierung im Mikroliterbereich. Das Verfahren ist sowohl bei sehr dünnen Rohren bzw. Kanülen oder Kapillaren sowie auch in dünnen Schläuchen einsetzbar. Akustisches Messkonzept für die Detektion von Strömungen im Mikroliterbereich
Wie bei der ultraschallbasierten Strömungsmessung in größeren Rohren und Schläuchen nutzt auch das vom ISAT entwickelte System eine Laufzeitdifferenzmessung. Hierbei wird die Ausbreitung der Schallwelle in der durchströmenden Flüssigkeit betrachtet. In Rohren oder Schläuchen mit großen Abmessungen erfolgt die Schallwellenausbreitung meist schräg durch das Rohr oder den Schlauch, was in der Regel durch Nutzung von Keilen erreicht wird. Bei dieser Form der schrägen Durchschallung ist der Weg durch die Flüssigkeit allerdings zu kurz, um auch bei sehr niedrigen Durchflüssen (50 µL/min) und insbesondere geringen Schlauch- oder Rohrdurchmessern die Strömungsgeschwindigkeit genau zu messen, weshalb die schräge Durchschallung des Mediums nicht für die Messung geringer Durchflussraten in kleinen Systemen eingesetzt werden kann.
Im entwickelnden Sensorkonzept ist daher die Schallausbreitung nicht quer zur Rohrwandung, sondern entlang der Rohr- bzw. Schlauchrichtung. Dafür werden spezielle geführte Ultraschallmoden angeregt, die sich gekoppelt, sprich sowohl in der Wandung als auch im Fluid, ausbreiten. Das Sensorsystem agiert dabei als zylindrischer Wellenleiter. Mittels des Mitführ-Effektes von Schallwellen im strömenden Medium breiten sich die Moden dabei in Strömungsrichtung schneller aus als entgegen der Strömungsrichtung. Der Schallpuls besitzt somit in Strömungsrichtung gemessen eine kürzere Laufzeit als entgegen der Strömung. Wird gleichzeitig die Laufzeit in und gegen die Strömung gemessen und aus beiden Zeitwerten die Differenz gebildet, so zeigt diese Differenzlaufzeit eine direkte Proportionalität zur Strömungsgeschwindigkeit des Mediums unabhängig von möglichen Temperatureinflüssen. Dadurch lässt sich mittels Laufzeitdifferenzenverfahren die zugrunde liegende Strömungsgeschwindigkeit ermitteln.
ORCID iD: 0000-0001-8829-1161