Während der alkoholischen Gärung beim Bierbrauen entstehen durch den Stoffwechsel der Bierhefen eine Vielzahl von Nebenprodukten unterschiedlicher chemischer Zusammensetzungen.Dazu gehören vicinale Diketone, Aldehyde, höhere Alkohole, Ester, organische Säuren, Schwefelverbindungen u.v.m., die das Aroma und damit die sensorische Qualität eines jeden Bieres wesentlich beeinflussen. In der Prozesssteuerung zur Bestimmung des Endes des Gär- und Reifungsvorgangs nehmen die vicinalen Diketone (VDK) als Leitsubstanz eine zentrale Rolle ein. Zu den wichtigsten VDK in Bier zählen Diacetyl (2,3-Butanedion) und 2,3-Pentanedion, die ab bestimmten Schwellenwerten dem Bier einen unreinen, süßlichen bis widerlichen Geschmack verleihen. Diacetyl bildet sich während der Gärung und reduziert sich erst gegen Ende der Gärung. Zwar ist die Bildung des Diacetyls gut erforscht, allerdings ist die Reduzierung des Diacetyls noch nicht ausreichend verstanden.Ein präzises Monitoring des Diacetylgehalts während der Gärung ist noch nicht möglich. Kleinere Brauereien vertrauen weiterhin auf die Erfahrung und den Geschmackssinn des Braumeisters, im industriellen Maßstab werden in regelmäßigen Abständen von ca. 24 h Proben entnommen und offline im Labor getestet. Die Dauer der Labormessung liegt bei 3-4 Stunden, weshalb Diacety nur mit zeitlicher Verzögerung verlässlich bestimmbar ist, was erhebliche wirtschaftliche und qualitative Auswirkungen hat.
Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines neuen portablen Messsystems zum (semi-) kontinuierlichen Monitoring von freiem Diacetyl, α-Acetolaktat und Gesamtdiacetyl sowie weiterer wichtiger Aromen während der Gärung von Bier. Mit der Messtechnik, bestehend aus UV-Vis-FL - und MIR-Spektrometern sowie intelligenter Datenauswertung mittels Physik-informierten maschinellem Lernen bzw. neuronalen Netzwerken (PINN) soll es erstmals möglich werden direkt im Bypass des Brauprozesses (online) in kurzen Intervallen von ca. 5 min den Gesamtdiacetyl-Gehalt sowie das Ende der Gärung unmittelbar und verlässlich zu bestimmen bzw. zu prognostizieren. Durch die Messung wird der bislang schwer zu prognostizierende Gärungsvorgang genau kontrolliert, wodurch die Qualität des Bieres steigt, die Auslastung der Gärtanks optimiert und Risiken wie Fehlaromen oder Qualitätsschwankungen minimiert werden.
Das neue Messsystem wird von einem interdisziplinären Konsortium, bestehend aus der LiquoSystems GmbH (LS), der GO Systemelektronik GmbH (GOSYS), dem Institut für Sensor- und Aktortechnik der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg (ISAT) und der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin e.V. (VLB) entwickelt.
ORCID iD: 0000-0003-3423-4510